Adipositas

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Dosisanpassung bei Adipositas

Adipositas oder Fettleibigkeit tritt bei Kindern immer häufiger auf. Neben den gesundheitlichen Folgen wirkt sich Adipositas auch auf die Pharmakokinetik und -dynamik von Arzneimitteln aus. Dies wirft die Frage auf, wie mit diesem Thema in der Arzneimitteltherapie umgegangen werden soll.

Wann spricht man von Adipositas?
Die Definition von Adipositas basiert auf dem Body-Mass-Index (BMI). Dieser wird berechnet, indem das Körpergewicht in Kilogramm (kg) durch das Quadrat der Körpergröße in Metern (m2) geteilt wird.

Bei Erwachsenen gilt ein BMI von 18,5-24,9 kg/m2 als normalgewichtig; ein BMI zwischen 25 und 29,9 kg/m2 gilt als übergewichtig und ein BMI zwischen 30 und 39,9 kg/m2 als adipös. Morbide Adipositas ist definiert als ein BMI von 40 kg/m2 oder mehr oder 35 kg/m2 in Kombination mit einer Komorbidität.

Für Kinder gibt es geschlechts- und altersspezifische Wachstumstabellen (Referenzperzentilen), mit denen sich Wachstumsstörungen feststellen lassen. In Österreich kann mittels der Website https://wachstum.at/ (entwickelt von der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde und der Medizinischen Universität Wien) eine Beurteilung von Körpermessdaten bei Kindern erfolgen. Es gibt Wachstumskurven u. a. für Größe, Gewicht und BMI. Außerdem wurden Wachstumskurven für Kinder mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft entwickelt. Es gibt auch angepasste Wachstumskurven für Kinder mit bestimmten Störungen wie dem Down-Syndrom. Auch bei Frühgeborenen gibt es entsprechend korrigierte Kurven.

Der BMI wird auch zur Definition von Übergewicht und Adipositas bei Kindern verwendet. Dies geschieht derzeit auf Grundlage der Ergebnisse der Studie von Cole et al. aus dem Jahr 2000. Die internationalen Grenzwerte für Kinder beruhen auf der Analyse mehrerer Wachstumsstudien an fast 100 000 Jungen und fast 100 000 Mädchen im Alter von 0 bis 25 Jahren.

Der für Erwachsene geltende Grenzwert von 25 kg/m2 für Übergewicht variiert für Kinder je nach Alter und Geschlecht zwischen 18,02 kg/m2 (für Mädchen im Alter von 2 Jahren) und 25 kg/m2 (für Jungen und Mädchen im Alter von 18 Jahren). Der Schwellenwert von 30 kg/m2 für Adipositas bei Erwachsenen reicht bei Kindern je nach Alter und Geschlecht von 19,81 kg/m2 (für Mädchen im Alter von 2 Jahren) bis 30 kg/m2 (für Jungen und Mädchen im Alter von 18 Jahren).

Allgemeine Auswirkungen von Adipositas auf die Pharmakokinetik und -dynamik
Wie bereits erwähnt, kann Adipositas die Pharmakokinetik eines Arzneimittels beeinflussen. So kann beispielsweise die Absorption aufgrund einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmwand und einer veränderten Magenentleerungsrate beeinträchtigt sein. Außerdem können sich das Verteilungsvolumen und die Aktivität der Leberenzyme infolge einer Leberverfettung verändern. Auch Veränderungen der Nierenfunktion können berücksichtigt werden.

Darüber hinaus kann die Pharmakodynamik von Arzneimitteln z.B. durch eine Entzündungsreaktion beeinflusst werden (Xiong et al. 2017, Stillhart et al. 2020).

Anpassung der Arzneimitteltherapie?
Angesichts der Auswirkungen von Adipositas auf Pharmakokinetik und -dynamik stellt sich die Frage, ob die Pharmakotherapie in dieser Bevölkerungsgruppe angepasst werden sollte. Ist eine Therapie auf Grundlage des tatsächlichen Körpergewichts möglich oder sind Dosisanpassungen oder alternative Therapien in Betracht zu ziehen?

In der Literatur werden verschiedene Arten des Körpergewichts für die Dosierung verwendet.

  • Gesamtkörpergewicht (GKG, "total body weight", TBW) = tatsächliches Körpergewicht
  • Fettfreie Masse (FFM, "lean body weight", LBW) = Gewicht von Skelett, Muskeln, Organen und Blutvolumen
  • Ideales Körpergewicht (IKG, "ideal body weight", IBW) 
  • Angepasstes Körpergewicht (AKG, "adjusted body weight", ABW)

Adipositas bei Kindern
Es gibt wenig Informationen zu Dosisanpassungen bei adipösen Kindern. Im Jahr 2015 veröffentlichten Ross et al. einen Review über Informationen, die bei Kindern bekannt sind. Der "Specialist Pharmacy Service" des britischen "National Health Service" (NHS) veröffentlichte im Jahr 2021 ebenfalls einen Review mit Empfehlungen für Dosisanpassung bei adipösen Kindern. Enthält der Review von Ross et al. oder des NHS Informationen zu Dosisanpassungen bei Adipositas zu einem einzelnen Wirkstoff, werden diese bei der Erstellung oder Überarbeitung einer Wirkstoffmonographie in Kindermedika berücksichtigt. In der Monographie sind diese Informationen unter "Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen" zu finden. 

 

Referenzen:

Cole, T. J., M. C. Bellizzi, K. M. Flegal, and W. H. Dietz. 2000. "Establishing a standard definition for child overweight and obesity worldwide: international survey."  Bmj 320 (7244):1240-3. doi: 10.1136/bmj.320.7244.1240.

UK Medicines Information (UKMi), How should medicines be dosed in children who are obese? 7th May 2021.

Ross, E. L., J. Heizer, M. A. Mixon, J. Jorgensen, C. A. Valdez, A. S. Czaja, and P. D. Reiter. 2015. "Development of recommendations for dosing of commonly prescribed medications in critically ill obese children."  Am J Health Syst Pharm 72 (7):542-56. doi: 10.2146/ajhp140280.

Stillhart, C., K. Vučićević, P. Augustijns, A. W. Basit, H. Batchelor, T. R. Flanagan, I. Gesquiere, R. Greupink, D. Keszthelyi, M. Koskinen, C. M. Madla, C. Matthys, G. Miljuš, M. G. Mooij, N. Parrott, A. L. Ungell, S. N. de Wildt, M. Orlu, S. Klein, and A. Müllertz. 2020. "Impact of gastrointestinal physiology on drug absorption in special populations--An UNGAP review."  Eur J Pharm Sci 147:105280. doi: 10.1016/j.ejps.2020.105280.

Xiong, Y., T. Fukuda, C. A. J. Knibbe, and A. A. Vinks. 2017. "Drug Dosing in Obese Children: Challenges and Evidence-Based Strategies."  Pediatr Clin North Am 64 (6):1417-1438. doi: 10.1016/j.pcl.2017.08.011.

(adaptiert von www.kinderformularium.nl, 22.06.2022)