Pharmakodynamik
Nitrofurantoin ist ein Harnwegstherapeutikum aus der Gruppe der Nitrofurane. Nitrofurantoin hat keine eigene antimikrobielle Aktivität. Es wird von bakteriellen Nitroreduktasen zur aktiven Verbindung metabolisiert. Die Reduktionsmetaboliten führen durch Adduktbildung mit der DNS zu teilweise deletären Strangbrüchen bzw. hemmen zahlreiche Stoffwechselaktivitäten durch Elektronenentzug.
In der Regel empfindliche Spezies: Enterococcus faecalis, Staphylococcus saprophyticus, Escherichia coli
Von Natur aus resistente Spezies: Morganella morganii, Proteus mirabilis, Proteus vulgaris, Pseudomonas aeruginosa, Serratia marcescens
Pharmakokinetik bei Kindern
Neugeborene/Kinder
Bei Neugeborenen im ersten bis dritten Lebensmonat wird Nitrofurantoin aufgrund der Enzymunreife schlechter verstoffwechselt, sodass hämolytische Anämien vermehrt auftreten können.
Zulassung der Dosierungsempfehlungen
in Kindermedika.at
- Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen
- Prophylaxe bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen
- Kurzzeitprophylaxe bei Harnwegseingriffen (Katheterisierung oder Diagnostik)
Auszug aus Fachinformation
Auszug aus Fachinformation
Textauszug aus Fachinformation
Oral
Retardkapseln:
Kinder und Jugendliche: Nitrofurantoin ist bei Säuglingen unter 3 Monaten kontraindiziert. Die Retardkapseln sind wegen des hohen Wirkstoffgehaltes für Kinder und Jugendliche nicht geeignet.
(SmPC Furadantin retard Kapseln)
Tabletten:
Kinder und Jugendliche: Die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit ist bisher noch nicht nachgewiesen.
(SmPC Nitrofurantoin Agepha Tabletten)
Die aktuellen Fachinformationen können unter https://aspregister.basg.gv.at/ abgerufen werden.
Präparate im Handel
Tabletten 50 mg
Retardkapseln* 100 mg
*Die Retardkapseln enthalten Nitrofurantoin in der makrokristallinen Form, wodurch die Absorption verzögert wird. Die Dosierungsempfehlungen in Kindermedika.at "Normales Präparat (keine modifizierte oder retardierte Wirkstofffreisetzung)" sind anzuwenden.
Retardkapseln und Tabletten enthalten Nitrofurantoin in der makrokristallinen Form. Nach Verabreichung von makrokristallinem Nitrofurantoin per os wird der Arzneistoff langsamer resorbiert und damit auch protrahiert im Harn ausgeschieden. Dadurch werden kurzdauernde hohe Initialkonzentrationen vermieden, die Verträglichkeit verbessert und verlängerte Wirkspiegel im Harn erreicht. Die Einnahme erfolgt zu oder nach den Mahlzeiten.
Präparate mit für Kinder potentiell problematischen Hilfsstoffen:
Präparate |
Arzneiform |
Stärke |
Problematische Hilfsstoffe |
FURADANTIN RETARD® |
Kapseln |
100 mg |
Lactose |
NITROFURANTOIN Agepha® |
Tabletten |
50 mg |
Lactose |
Die Fachinformationen wurden 09/2019 aufgerufen (https://aspregister.basg.gv.at/aspregister/).
Weitere praktische Informationen/ Verfügbarkeit
Meldungen zu Vertriebseinschränkungen von Arzneispezialitäten in Österreich (BASG)
Dosierungen
Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen |
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Prophylaxe bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen |
- Oral
-
1 Monat
bis
18 Jahre
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-
Nitrofurantoin in makrokristalliner Form:
2
mg/kg/Tag
in 1
Dosis. Max: 100 mg/Tag.
- Behandlungsdauer:
6 Monate
Behandlung länger als 6 Monate nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken (Antibiotikaresistenz und schwere Nebenwirkungen (insbesondere Leber- und Lungentoxizität))
- Anwendungshinweis:
Einnahme am Abend während oder nach einer Mahlzeit.
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Kurzzeitprophylaxe bei Harnwegseingriffen (Katheterisierung oder Diagnostik) |
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Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:
GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Anpassung nicht erforderlich.
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
Anpassung nicht erforderlich obwohl Nitrofurantoin eventuell weniger wirksam ist, da die Sekretion in den Harntrakt und somit die Konzentration im Urin abnimmt.
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
Kontraindiziert
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Kontraindiziert
Klinische Konsequenzen
Durch Kumulation im Blut und im Gewebe kann eine periphere Neuropathie auftreten. Parästhesien (mit Kribbel- oder Taubheitsgefühl) und Schwäche wurden meist einige Tage nach Behandlungsbeginn verzeichnet. In diesem Fall Behandlung stoppen. Gelegentlich führt dies zu peripherer Polyneuropathie, meist innerhalb von 2 Monaten. Diese kann irreversibel sein und sogar fatal ablaufen. Nitrofurantoin wird im Urin konzentriert, wodurch lokal antibakterielle Konzentrationen erreicht werden. Ab einer Kreatininclearance unter 50 ml/min nimmt die antibakterielle Konzentration ab und bei einer Clearance unter 30 ml/min wird im Urin keine antibakterielle Wirkung erreicht, was zu einem Therapieversagen führt.
Bei Dialyse
Kontraindiziert
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern
- Am häufigsten treten gastrointestinale Nebenwirkungen auf.
- Bei Kindern können die Nebenwirkungen seltener auftreten als bei Erwachsenen, möglicherweise aufgrund der geringeren Dosen und dem Mangel an Begleiterkrankungen/Begleitmedikation.
- Parästhesien sind möglich.
- Eine periphere Neuropathie, die schwer oder irreversibel sein kann, kann auftreten (meist innerhalb von 2 Monaten). Diese kann lebensbedrohlich sein. Die Behandlung ist unverzüglich zu stoppen.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
Nausea, Ataxie, Nystagmus, Kopfschmerzen (besonders zu Therapiebeginn), Lungenreaktionen, allergisches Lungenödem, interstitielle Pneumonie, gastrointestinale Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen (besonders zu Therapiebeginn), allergische Reaktionen wie Arzneimittelfieber, urtikarielle Hautveränderungen, Pruritus und angioneurotisches Ödem
Die vollständige Auflistung aller unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Kontraindikationen bei Kindern
Im Zuge einer europaweiten Harmonisierung von Fachinformationen wurde die Angabe: "Kontraindiziert bei Neugeborenen <1 Monat aufgrund der noch nicht ausgereiften Erythrozyt-Enzymsysteme" geändert in: Kontraindiziert bei Frühgeborenen und Säuglingen <3 Monate wegen der Gefahr einer hämolytischen Anämie (SmPC Furadantin).
Kontraindikationen allgemein
- Überempfindlichkeit gegen andere Nitrofurane
- Niereninsuffizienz (eGFR unter 45 ml/min)
- Oligurie, Anurie
- Akute und chronische Leberfunktionsstörung
- Neuritiden und Polyneuritis
- Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD)-Mangel (Symptom: hämolytische Anämie)
- Akute Porphyrien
- Schwangerschaft im letzten Trimenon
- Frühgeborene und Säuglinge bis Ende des 3. Lebensmonats (wegen Gefahr der hämolytischen Anämie)
Die vollständige Auflistung aller Gegenanzeigen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern
Eine makrokristalline Verabreichungsform ist vorzuziehen. Die makrokristalline Form (=MC) hat eine niedrigere Auflöse- und Absorptionsgeschwindigkeit als die mikrokristalline Form und führt daher zu geringeren Magenbeschwerden.
Tritt periphere Neuropathie (meist innerhalb von 2 Monaten) auf, ist die Behandlung unverzüglich zu beenden.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
- Akute, subakute und chronische Lungenreaktionen wie interstitielle Pneumonie, bis hin zu tödlich verlaufenden Lungenfibrosen wurden bei Patienten beobachtet. Beim Auftreten von Lungenreaktionen sofort absetzen. Chronische pulmonale Reaktionen können sich schleichend entwickeln. Häufigkeit und Schwere dieser Reaktionen nimmt mit der Anwendungsdauer zu. Bei Langzeittherapie: Überwachung der Lungenfunktion.
- Schwerwiegende und irreversible Polyneuropathien, die lebensbedrohlich sein können, sind aufgetreten. Beim Auftreten von Neuropathiesymptomen (u.a. Schmerz, Kribbeln, Brennen, Benommenheit, Schwäche) ist die Behandlung abzubrechen. Risikofaktoren wie Anämie, Diabetes mellitus, Elektrolytstörungen und Vitamin B Mangel (insbesondere Folat) können das Auftreten verstärken.
- Über Hämolyse wurde bei Patienten mit Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel berichtet. Bei Hämolyse absetzen.
- Schwere Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme, toxische epidermale Nekrolyse) sind aufgetreten.
- Leberreaktionen, einschließlich Hepatitis, autoimmune Hepatitis, cholestatische Gelbsucht, chronisch aktive Hepatitis und Lebernekrose, treten selten auf. Es wurden Todesfälle berichtet. Tritt Hepatitis auf, ist Nitrofurantoin abzusetzen.
- Vor der Verordnung von Nitrofurantoin sollten Nieren- und Leberfunktion überprüft werden, da bei Störung dieser Funktionen mit erheblichen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Unter der Therapie sind Kontrollen von Blutbild, Leber- und Nierenwerten notwendig. Bei Langzeitbehandlung sind die Patienten hinsichtlich Hinweisen auf Hepatitis (oder Leberschädigung), pulmonalen oder neurologischen Symptomen bzw. anderen Hinweisen auf Toxizität eng zu überwachen.
- Überempfindlichkeits- und allergische Reaktionen, einschließlich anaphylaktische und anaphylaktoide Reaktionen, können bereits nach einer Einzeldosis auftreten und lebensbedrohlich sein.
- Bei alkalischem Urin (pH > 8) ist Nitrofurantoin unwirksam.
- Der Urin kann sich während der Therapie bräunlich verfärben. Die Verfärbung ist ohne klinische Bedeutung.
- Nitrofurantoin ist hämodialysierbar.
Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Wechselwirkungen
- Metoclopramid reduziert die Resorption von Nitrofurantoin
- Harnalkalisierende Substanzen vermindern die Wirksamkeit von Nitrofurantoin.
- Orale Antazida auf Magnesium- und Aluminium-Basis sollten frühestens 2 h nach Nitrofurantoin eingenommen werden, da sie die Resorption verschlechtern
Antibiotika-Wechselwirkungen allgemein:
- Antibiotika können die Immunantwort auf bakterielle Lebendimpfstoffe reduzieren (z.B. Vivotif®: 3 Tage vor und nach Antibiotikatherapie sollte Vivotif® nicht angewendet werden, bei Antibiotika mit Langzeitwirkung, z.b. Azithromycin, muss ein längerer Abstand eingehalten werden)
- Die Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten kann beeinflusst werden. Eine Kontrolle der Gerinnungsparameter (INR) wird empfohlen.
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
ANDERE ANTIBIOTIKA
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Glycopeptid-Antibiotika |
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J01XA04
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J01XA02
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J01XA01
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Polymyxine |
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Colistin
ColiFin®, Kolneb®, Tadim®, Colobreathe®
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J01XB01
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Steroid-Antibiotika |
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J01XC01
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Imidazol-Derivate |
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J01XD01
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Andere Antibiotika |
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J01XX09
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J01XX01
|
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J01XX08
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Referenzen
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Lohr JA, et al, Three-day therapy of lower urinary tract infections with nitrofurantoin macrocrystals: a randomized clinical trial., J Pediatr, 1981, 99, 980-3
-
Karpman E, et al, Adverse reactions of nitrofurantoin, trimethoprim and sulfamethoxazole in children, J Urol., 2004, 172, 448-53
-
Brendstrup L, et al, Nitrofurantoin versus trimethoprim prophylaxis in recurrent urinary tract infection in children, Acta Paediatr Scand, 1990, 79, 1225-34
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Carlsen NL, et al, Comparison of long-term, low-dose pivmecillinam and nitrofurantoin in the control of recurrent urinary tract infection in children, J Antimicrob Chemother, 1985, 16, 509-17
-
Jojart G, Comparison of 3-day versus 14-day treatment of lower urinary tract infection in children, Int Urol Nephrol, 1991, 23, 129-34
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Lohr JA, et al, Prevention of recurrent urinary tract infections in girls, Pediatrics, 1977, 59, 562-5
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Smellie JM, et al, Controlled trial of prophylactic treatment in childhood urinary-tract infection, Lancet, 1978, 22, 175-8
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Van Pinxteren B. et al, NHG-Standaard Urineweginfecties(derde herziening) [Leitlinie zu Harnwegsinfektionen (dritte Revision)], Huisarts Wet , 2013, 56(6), 270-80
-
Amdipharm Limited, SmPC Furadantine MC (RVG 05748/05749) 08-03-2021, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
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Williams G et al., Long-term antibiotics for preventing recurrent urinary tract infection in children., Cochrane Database Syst Rev, 2011, Mar 16;(3), CD001534
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Nederlands Huisartsen Genootschap (NHG) [Niederländische Gesellschaft der Allgemeinmediziner], Standaard Urineweginfecties [Leitlinie Harnwegsinfektionen], https://richtlijnen.nhg.org/standaarden/urineweginfecties#samenvatting-richtlijnen-beleid, April 2020
-
Amdipharm, SmPC Furadantin retard Kps. (14328), 02/2019
-
Agepha, SmPC Nitrofurantoin Agepha Tbl. (1-15045), 02/2019
-
Emergent Netherlands B.V., SmPC Vivotif 2x10^9 - 2x10^10 CFU magensaftresistente Hartkapsel (2-38557), 03/2019 (für Wechselwirkungen)
Änderungsverzeichnis
- 20 November 2023 10:10: Warnhinweis zur Langzeitprophylaxe auf Grundlage der SmPC hinzugefügt
- 28 Juni 2021 15:01: Änderung der Kontraindikation auf "Frühgeborene und Säuglinge <3 Monate wegen der Gefahr einer hämolytischen Anämie " basierend auf der Fachinformation
- 09 März 2021 12:26: Neue Monographie "Nitrofurantoin"
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung