Zulassung der Dosierungsempfehlungen
Zulassungsstatus bei Kindern und Jugendlichen < 18 Jahren:
Auszug aus Fachinformation
Verfügbare Darreichungsformen und Stärken
Darreichungsformen und Stärken
Filmtabletten 500 mg
Lösliches Pulver 500 mg
Allgemein
Die Einnahme der Filmtabletten und des löslichen Pulvers soll vor oder nach den Mahlzeiten erfolgen. Der Inhalt eines Beutels löslichen Pulvers wird unmittelbar vor der Einnahme in Flüssigkeit (z. B. Wasser, Fruchtsaft oder Milch) gelöst.
Pharmakodynamik
Das Antiepileptikum Vigabatrin ist ein selektiver irreversibler Inhibitor der GABA-Transaminase, des für den Abbau von GABA (Gamma-Aminobuttersäure) verantwortlichen Enzyms. Vigabatrin führt zu einer Erhöhung der Konzentration von GABA, dem wichtigsten inhibitorischen Neurotransmitter im Gehirn.
Pharmakokinetik
Die folgenden pharmakokinetischen Daten wurden bei Kindern mit refraktärer Epilepsie beschrieben (SmPC Kigabeq):
Alter |
n |
Tmax (h) |
T1/2 (h) |
Cl/F (L/h/kg) |
Neugeborene (15-26 Tage)
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6 |
2,5 |
7,5 |
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Kleinkinder (5-22 Monate)
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6 |
2,5 |
5,7 |
0,591 |
Kinder (4,6-14,2 Jahre)
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6 |
1 |
5,5 |
0,446 |
Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:
GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Keine Dosisanpassung erforderlich.
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
Keine Dosisanpassung erforderlich.
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
50 Prozent der Einzeldosis und Dosierungsintervall: 12 bis 24 Stunden
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Eine allgemeingültige Empfehlung kann nicht gegeben werden.
Klinische Konsequenzen
Die AUC und die Halbwertszeit sind bei eingeschränkter Nierenfunktion erhöht. Aus diesem Grund haben Patienten mit Niereninsuffizienz ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko.
ANTIEPILEPTIKA
Barbiturate und Derivate |
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N03AA02
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Succinimid-Derivate |
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N03AD01
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Benzodiazepin-Derivate |
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N03AE01
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Carboxamid-Derivate |
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N03AF01
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N03AF02
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N03AF03
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Fettsäure-Derivate |
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N03AG01
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Andere Antiepileptika |
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N03AX24
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N03AX12
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N03AX18
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N03AX09
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N03AX14
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Pregabalin
Lyrica®, Pregamid®, Lyribastad®, Pregatab®, div. Generika
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N03AX16
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N03AX11
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Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern
Sehr häufig: Agitation, Exzitation. Häufigeres Auftreten von Absencen.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥ 0,1 %):
Anämie, Agitiertheit, Aggression, Nervosität, Depressionen, paranoide Reaktionen, Schlaflosigkeit, Hypomanie, Manie, psychotische Störungen, Somnolenz, Sprachstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Parästhesien, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, psychische Beeinträchtigungen, Tremor, Ataxie, Gesichtsfeldeinschränkungen, verschwommenes Sehen, Diplopie, Nystagmus, Nausea, Erbrechen, abdominale Schmerzen, Alopezie, Exanthem, Arthralgie, Müdigkeit, Ödeme, Reizbarkeit, Gewichtszunahme
Folgende ausgewählte UAW wurden zudem selten, sehr selten (< 0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:
Suizidversuch, Enzephalopathie, Anomalien bei MRT-Untersuchungen des Gehirns, Optikusatrophie, Hepatitis
Die vollständige Auflistung aller unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Kontraindikationen allgemein
Die vollständige Auflistung aller Gegenanzeigen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern
Erste Wahl bei West-Syndrom. Anwendbar bei fokalen epileptischen Anfällen, jedoch aufgrund des Nebenwirkungsprofils (Gesichtsfeldeinschränkungen, Exzitation, Agitation, Schlafstörungen und Steigerung des Appetits) ist Vigabatrin hier nicht die erste Wahl.
Vor Behandlungsbeginn und während der Behandlung alle 6 Monate das Gesichtsfeld untersuchen, vorzugsweise durch standardisierte statische Perimetrie. Bei Gesichtsfeldeinschränkung muss ein Abbruch der Behandlung erwogen oder das Gesichtsfeld engmaschiger kontrolliert werden. Bei Kindern unter neun Jahren ist eine Perimetrie selten möglich und die Fortsetzung der Behandlung muss regelmäßig evaluiert werden.
Tierstudien haben gezeigt, dass Vigabatrin einen Taurin-Mangel verursachen kann. Da ein Taurin-Mangel möglicherweise mit Netzhaut-Anomalien assoziiert ist, wird Vigabatrin gelegentlich mit Taurin kombiniert. (Jammoul 2009).
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
- Gesichtsfeldeinengungen wurden mit hoher Prävalenz (etwa ⅓ der Patienten) bei Patienten unter Behandlung mit Vigabatrin berichtet. Sie traten meistens erst nach mehreren Monaten oder Jahren nach Beginn einer Vigabatrin-Behandlung auf. Die Gesichtsfeldeinengung kann ein beträchtliches Ausmaß annehmen. Die meisten der Patienten mit perimetrisch bestätigten Störungen zeigten keine klinischen Symptome. Deshalb kann diese Nebenwirkung nur durch systematische perimetrische Untersuchungen zuverlässig erkannt werden, die jedoch normalerweise erst bei Patienten ab einem Entwicklungsalter über neun Jahre durchgeführt werden können. Eine Elektroretinografie kann nützlich sein, sollte jedoch nur bei Erwachsenen, die nicht in der Lage sind, bei der Perimetrie zu kooperieren, oder nur bei sehr jungen Patienten eingesetzt werden. Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die Gesichtsfeldeinengungen auch nach dem Absetzen von Vigabatrin irreversibel sind. Eine Verschlechterung der Gesichtsfeldeinengung nach Absetzen der Therapie kann nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund sollte Vigabatrin nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung im Vergleich zu alternativen Therapien eingesetzt werden. Vigabatrin wird nicht zur Anwendung bei Patienten mit bereits bestehender klinisch signifikanter Gesichtsfeldeinengung empfohlen. Zu Beginn der Behandlung und danach in regelmäßigen Abständen sollten die Patienten zur Erkennung von Gesichtsfeldeinengungen und beeinträchtigter Sehschärfe einer systematischen Untersuchung unterzogen werden. Untersuchungen des Gesichtsfeldes und Sehtests sollten während der gesamten Behandlung in regelmäßigen Abständen von 6 Monaten erfolgen.
- Die Häufigkeit einer verminderten Sehschärfe bei Patienten, die mit Vigabatrin behandelt wurden, ist unbekannt. Netzhauterkrankung, Seheintrübung, Optikusatrophie oder optische Neuritis können zu einer Verminderung der Sehschärfe führen. Die Sehschärfe sollte während augenärztlicher Konsultationen, vor Beginn der Vigabatrin-Behandlung und in Abständen von 6 Monaten während der Behandlung, ermittelt werden.
- In seltenen Fällen wurden enzephalopathische Symptome wie starke Sedierung, Stupor und Verwirrtheit in Verbindung mit unspezifischer Verlangsamung im EEG kurz nach Therapiebeginn mit Vigabatrin beschrieben. Risikofaktoren dafür sind höhere Anfangsdosierungen bzw. rascherer Dosisanstieg als empfohlen und Niereninsuffizienz. Diese Ereignisse waren nach Reduzierung der Dosis oder Absetzen von Vigabatrin reversibel.
- Es wurden Fälle von abnormalen Hirn-MRT-Befunden berichtet, v. a. bei jungen Kindern, die aufgrund von infantilen Spasmen mit hohen Dosen Vigabatrin behandelt wurden. Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist gegenwärtig nicht bekannt. Darüber hinaus wurde über Fälle von intramyelinischen Ödemen (IME) berichtet, insbesondere bei Kleinkindern, die gegen infantile Spasmen behandelt wurden. Es wurde berichtet, dass IME nach dem Absetzen des Arzneimittels reversibel sind, und es wird daher empfohlen, Vigabatrin schrittweise abzusetzen, wenn IME beobachtet werden.
- Bewegungsstörungen einschließlich Dystonie, Dyskinesie und Hypertonus wurden bei Patienten, die aufgrund von infantilem Spasmus behandelt werden, beschrieben. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Vigabatrin sollte individuell erhoben werden. Sollten neue Bewegungsstörungen während der Behandlung mit Vigabatrin auftreten, müssen Überlegungen angestellt werden, die Dosis zu reduzieren oder sukzessive die Behandlung zu beenden
- Wie bei anderen Antiepileptika kann bei einigen Patienten die Anfallshäufigkeit erhöht sein oder es können unter Vigabatrin neue Anfallstypen auftreten. Diese Phänomene können ebenfalls die Folge einer Überdosierung oder einer Verringerung der Plasmakonzentrationen gleichzeitig verabreichter, anderer antiepileptischer Arzneimittel oder ein paradoxer Effekt sein.
- Wie bei anderen Antiepileptika kann ein plötzliches Absetzen einen Rebound-Effekt hervorrufen. Muss bei einem Patienten die Vigabatrin-Behandlung abgesetzt werden, so wird eine stufenweise Dosisreduzierung über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen empfohlen.
- Vigabatrin sollte bei Patienten mit Psychosen, Depressionen oder Verhaltensstörungen in der Anamnese mit Vorsicht angewendet werden. Psychiatrische Störungen (z.B. Agitation, Depression, anormales Denken, paranoide Reaktionen) wurden während der Behandlung mit Vigabatrin beschrieben. Diese Ereignisse traten sowohl bei Patienten mit als auch bei solchen ohne frühere psychiatrische Störungen auf und waren üblicherweise nach Reduzierung der Dosis oder stufenweisem Absetzen von Vigabatrin reversibel.
- Suizidgedanken und -verhalten wurden bei Patienten, die mit Antiepileptika in verschiedenen Indikationen behandelt wurden, berichtet. Eine Metaanalyse von randomisierten placebokontrollierten Studien mit Antiepileptika zeigte ein gering erhöhtes Risiko von Suizidgedanken und -verhalten. Der Mechanismus für dieses Risiko ist nicht bekannt, und verfügbare Daten schließen die Möglichkeit eines erhöhten Risikos für Vigabatrin nicht aus. Patienten müssen hinsichtlich Anzeichen von Suizidgedanken und suizidalen Verhaltensweisen überwacht und es sollte eine geeignete Behandlung in Erwägung gezogen werden. Patienten (und deren Betreuern) sind anzuweisen, umgehend medizinische Hilfe einzuholen, wenn Anzeichen für Suizidgedanken oder suizidales Verhalten auftreten.
- Da Vigabatrin über die Nieren ausgeschieden wird, ist bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance unter 60 ml/min und bei älteren Patienten Vorsicht geboten. Diese Patienten sollten hinsichtlich Nebenwirkungen wie Sedierung und Verwirrtheit engmaschig überwacht werden.
- Die gemeinsame Verabreichung von Vigabatrin und Clonazepam kann den sedativen Effekt verschlimmern. Die Notwendigkeit der gemeinsamen Verabreichung muss sorgfältig bewertet werden.
Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Wechselwirkungen
Interaktionspartner |
Grund |
Handlungsempfehlung |
Phenytoin |
Verminderte Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit von Phenytoin (kann ggf. erst nach einigen Wochen auftreten). |
Monitoring der Phenytoin-Serumkonzentration in den ersten Wochen einer Kombinationstherapie und ggf. Dosisanpassung. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Referenzen
-
Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
-
Genzyme Europe BV, SmPC Sabril (RVG 15722), 13-01-2021, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
-
Jammoul F, et al. , Taurine deficiency is a cause of vigabatrin-induced retinal phototoxicity., Ann Neurol, 2009, 65, 98-107
-
Nederlandse Vereniging voor Neurologie [Niederländische Gesellschaft für Neurologie], Richtlijn epilepsie; Epilepsiesyndromen (bij kinderen) & anti-epileptica; absence epilepsie [Leitlinie Epilepsie; Epilepsiesyndrome (bei Kindern) & Antiepileptika; Absenceepilepsie], 2013
-
Sanofi-Aventis, SmPC Sabril 500 mg lösliches Pulver (1-20114), https://aspregister.basg.gv.at/aspregister/, aufgerufen am 28.06.2021
Änderungsverzeichnis
- 24 September 2021 13:38: Neue Monographie
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung