Vigabatrin

Wirkstoff
Vigabatrin
Handelsname
Sabril®
ATC-Code
N03AG04
Dosierungen
Nierenfunktionsstörungen

Darreichungsformen und Hilfsstoffe
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Pharmakodynamik und -kinetik

Zulassung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Das Antiepileptikum Vigabatrin ist ein selektiver irreversibler Inhibitor der GABA-Transaminase, des für den Abbau von GABA (Gamma-Aminobuttersäure) verantwortlichen Enzyms. Vigabatrin führt zu einer Erhöhung der Konzentration von GABA, dem wichtigsten inhibitorischen Neurotransmitter im Gehirn.

Pharmakokinetik bei Kindern

Die folgenden pharmakokinetischen Daten wurden bei Kindern mit refraktärer Epilepsie beschrieben (SmPC Kigabeq):

Alter n Tmax (h) T1/2 (h) Cl/F (L/h/kg)
Neugeborene (15-26 Tage)
6 2,5 7,5   
Kleinkinder (5-22 Monate)
6 2,5 5,7  0,591
Kinder (4,6-14,2 Jahre)
6  1 5,5 0,446

Zulassung der Dosierungsempfehlungen in Kindermedika.at

  • Epilepsie
    • Oral
      • On-label
  • West-Syndrom
    • Oral
      • On-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Die aktuellen Fachinformationen können unter https://aspregister.basg.gv.at/ abgerufen werden.

Präparate im Handel

Darreichungsformen und Stärken

Filmtabletten 500 mg
Lösliches Pulver 500 mg

Allgemein

Die Einnahme der Filmtabletten und des löslichen Pulvers soll vor oder nach den Mahlzeiten erfolgen. Der Inhalt eines Beutels löslichen Pulvers wird unmittelbar vor der Einnahme in Flüssigkeit (z. B. Wasser, Fruchtsaft oder Milch) gelöst.

Weitere praktische Informationen/ Verfügbarkeit

Meldungen zu Vertriebseinschränkungen von Arzneispezialitäten in Österreich (BASG)

Dosierungen

Epilepsie
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2] [6]
      • Initialdosis: 40 mg/kg/Tag in 1 - 2 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Dosis je nach Wirkung und Verträglichkeit schrittweise erhöhen auf 40 - 100 mg/kg/Tag in 1 - 2 Dosen. Max: 3.000 mg/Tag.
        • Wenn nach 4 Behandlungswochen keine Wirkung festgestellt werden kann, Behandlung absetzen
        • Dosis stufenweise über 2-4 Wochen reduzieren
West-Syndrom
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [2] [5] [6]
      • Initialdosis: 50 mg/kg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: Dosis bei Bedarf alle 3 Tage in Schritten von 25 mg/kg/Tag je nach Wirkung und Verträglichkeit erhöhen auf 50 - 150 mg/kg/Tag in 1 - 2 Dosen.
        • Wenn nach 4 Behandlungswochen keine Wirkung festgestellt werden kann, Behandlung absetzen.
        • Dosis stufenweise über 2-4 Wochen reduzieren

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:

GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Keine Dosisanpassung erforderlich.
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
Keine Dosisanpassung erforderlich.
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
50 Prozent der Einzeldosis und Dosierungsintervall: 12 bis 24 Stunden
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Eine allgemeingültige Empfehlung kann nicht gegeben werden.
Klinische Konsequenzen

Die AUC und die Halbwertszeit sind bei eingeschränkter Nierenfunktion erhöht. Aus diesem Grund haben Patienten mit Niereninsuffizienz ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Sehr häufig: Agitation, Exzitation. Häufigeres Auftreten von Absencen.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥ 0,1 %):

Anämie, Agitiertheit, Aggression, Nervosität, Depressionen, paranoide Reaktionen, Schlaflosigkeit, Hypomanie, Manie, psychotische Störungen, Somnolenz, Sprachstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Parästhesien, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, psychische Beeinträchtigungen, Tremor, Ataxie, Gesichtsfeldeinschränkungen, verschwommenes Sehen, Diplopie, Nystagmus, Nausea, Erbrechen, abdominale Schmerzen, Alopezie, Exanthem, Arthralgie, Müdigkeit, Ödeme, Reizbarkeit, Gewichtszunahme

Folgende ausgewählte UAW wurden zudem selten, sehr selten (< 0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

Suizidversuch, Enzephalopathie, Anomalien bei MRT-Untersuchungen des Gehirns, Optikusatrophie, Hepatitis

Die vollständige Auflistung aller unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Die vollständige Auflistung aller Gegenanzeigen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Erste Wahl bei West-Syndrom. Anwendbar bei fokalen epileptischen Anfällen, jedoch aufgrund des Nebenwirkungsprofils (Gesichtsfeldeinschränkungen, Exzitation, Agitation, Schlafstörungen und Steigerung des Appetits) ist Vigabatrin hier nicht die erste Wahl.

Vor Behandlungsbeginn und während der Behandlung alle 6 Monate das Gesichtsfeld untersuchen, vorzugsweise durch standardisierte statische Perimetrie. Bei Gesichtsfeldeinschränkung muss ein Abbruch der Behandlung erwogen oder das Gesichtsfeld engmaschiger kontrolliert werden. Bei Kindern unter neun Jahren ist eine Perimetrie selten möglich und die Fortsetzung der Behandlung muss regelmäßig evaluiert werden.

Tierstudien haben gezeigt, dass Vigabatrin einen Taurin-Mangel verursachen kann. Da ein Taurin-Mangel möglicherweise mit Netzhaut-Anomalien assoziiert ist, wird Vigabatrin gelegentlich mit Taurin kombiniert. (Jammoul 2009).

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Gesichtsfeldeinengungen wurden mit hoher Prävalenz (etwa ⅓ der Patienten) bei Patienten unter Behandlung mit Vigabatrin berichtet. Sie traten meistens erst nach mehreren Monaten oder Jahren nach Beginn einer Vigabatrin-Behandlung auf. Die Gesichtsfeldeinengung kann ein beträchtliches Ausmaß annehmen. Die meisten der Patienten mit perimetrisch bestätigten Störungen zeigten keine klinischen Symptome. Deshalb kann diese Nebenwirkung nur durch systematische perimetrische Untersuchungen zuverlässig erkannt werden, die jedoch normalerweise erst bei Patienten ab einem Entwicklungsalter über neun Jahre durchgeführt werden können. Eine Elektroretinografie kann nützlich sein, sollte jedoch nur bei Erwachsenen, die nicht in der Lage sind, bei der Perimetrie zu kooperieren, oder nur bei sehr jungen Patienten eingesetzt werden. Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die Gesichtsfeldeinengungen auch nach dem Absetzen von Vigabatrin irreversibel sind. Eine Verschlechterung der Gesichtsfeldeinengung nach Absetzen der Therapie kann nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund sollte Vigabatrin nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung im Vergleich zu alternativen Therapien eingesetzt werden. Vigabatrin wird nicht zur Anwendung bei Patienten mit bereits bestehender klinisch signifikanter Gesichtsfeldeinengung empfohlen. Zu Beginn der Behandlung und danach in regelmäßigen Abständen sollten die Patienten zur  Erkennung von Gesichtsfeldeinengungen und beeinträchtigter Sehschärfe einer systematischen Untersuchung unterzogen werden. Untersuchungen des Gesichtsfeldes und Sehtests sollten während der gesamten Behandlung in regelmäßigen Abständen von 6 Monaten erfolgen.
  • Die Häufigkeit einer verminderten Sehschärfe bei Patienten, die mit Vigabatrin behandelt wurden, ist unbekannt. Netzhauterkrankung, Seheintrübung, Optikusatrophie oder optische Neuritis können zu einer Verminderung der Sehschärfe führen. Die Sehschärfe sollte während augenärztlicher Konsultationen, vor Beginn der Vigabatrin-Behandlung und in Abständen von 6 Monaten während der Behandlung, ermittelt werden.
  • In seltenen Fällen wurden enzephalopathische Symptome wie starke Sedierung, Stupor und Verwirrtheit in Verbindung mit unspezifischer Verlangsamung im EEG kurz nach Therapiebeginn mit Vigabatrin beschrieben. Risikofaktoren dafür sind höhere Anfangsdosierungen bzw. rascherer Dosisanstieg als empfohlen und Niereninsuffizienz. Diese Ereignisse waren nach Reduzierung der Dosis oder Absetzen von Vigabatrin reversibel.
  • Es wurden Fälle von abnormalen Hirn-MRT-Befunden berichtet, v. a. bei jungen Kindern, die aufgrund von infantilen Spasmen mit hohen Dosen Vigabatrin behandelt wurden. Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist gegenwärtig nicht bekannt. Darüber hinaus wurde über Fälle von intramyelinischen Ödemen (IME) berichtet, insbesondere bei Kleinkindern, die gegen infantile Spasmen behandelt wurden. Es wurde berichtet, dass IME nach dem Absetzen des Arzneimittels reversibel sind, und es wird daher empfohlen, Vigabatrin schrittweise abzusetzen, wenn IME beobachtet werden.
  • Bewegungsstörungen einschließlich Dystonie, Dyskinesie und Hypertonus wurden bei Patienten, die aufgrund von infantilem Spasmus behandelt werden, beschrieben. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Vigabatrin sollte individuell erhoben werden. Sollten neue Bewegungsstörungen während der Behandlung mit Vigabatrin auftreten, müssen Überlegungen angestellt werden, die Dosis zu reduzieren oder sukzessive die Behandlung zu beenden
  • Wie bei anderen Antiepileptika kann bei einigen Patienten die Anfallshäufigkeit erhöht sein oder es können unter Vigabatrin neue Anfallstypen auftreten. Diese Phänomene können ebenfalls die Folge einer Überdosierung oder einer Verringerung der Plasmakonzentrationen gleichzeitig verabreichter, anderer antiepileptischer Arzneimittel oder ein paradoxer Effekt sein.
  • Wie bei anderen Antiepileptika kann ein plötzliches Absetzen einen Rebound-Effekt hervorrufen. Muss bei einem Patienten die Vigabatrin-Behandlung abgesetzt werden, so wird eine stufenweise Dosisreduzierung über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen empfohlen.
  • Vigabatrin sollte bei Patienten mit Psychosen, Depressionen oder Verhaltensstörungen in der Anamnese mit Vorsicht angewendet werden. Psychiatrische Störungen (z.B. Agitation, Depression, anormales Denken, paranoide Reaktionen) wurden während der Behandlung mit Vigabatrin beschrieben. Diese Ereignisse traten sowohl bei Patienten mit als auch bei solchen ohne frühere psychiatrische Störungen auf und waren üblicherweise nach Reduzierung der Dosis oder stufenweisem Absetzen von Vigabatrin reversibel.
  • Suizidgedanken und -verhalten wurden bei Patienten, die mit Antiepileptika in verschiedenen Indikationen behandelt wurden, berichtet. Eine Metaanalyse von randomisierten placebokontrollierten Studien mit Antiepileptika zeigte ein gering erhöhtes Risiko von Suizidgedanken und -verhalten. Der Mechanismus für dieses Risiko ist nicht bekannt, und verfügbare Daten schließen die Möglichkeit eines erhöhten Risikos für Vigabatrin nicht aus. Patienten müssen hinsichtlich Anzeichen von Suizidgedanken und suizidalen Verhaltensweisen überwacht und es sollte eine geeignete Behandlung in Erwägung gezogen werden. Patienten (und deren Betreuern) sind anzuweisen, umgehend medizinische Hilfe einzuholen, wenn Anzeichen für Suizidgedanken oder suizidales Verhalten auftreten.
  • Da Vigabatrin über die Nieren ausgeschieden wird, ist bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance unter 60 ml/min und bei älteren Patienten Vorsicht geboten. Diese Patienten sollten hinsichtlich Nebenwirkungen wie Sedierung und Verwirrtheit engmaschig überwacht werden.
  • Die gemeinsame Verabreichung von Vigabatrin und Clonazepam kann den sedativen Effekt verschlimmern. Die Notwendigkeit der gemeinsamen Verabreichung muss sorgfältig bewertet werden.

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Phenytoin Verminderte Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit von Phenytoin (kann ggf. erst nach einigen Wochen auftreten). Monitoring der Phenytoin-Serumkonzentration in den ersten Wochen einer Kombinationstherapie und ggf. Dosisanpassung.

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

ANTIEPILEPTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Barbiturate und Derivate
N03AA02
Succinimid-Derivate

Ethosuximid

Petinimid®, Ethosuximid neuraxpharm
N03AD01
Benzodiazepin-Derivate

Clonazepam

Rivotril®
N03AE01
Carboxamid-Derivate

Carbamazepin

Tegretol®, Neurotop®
N03AF01

Oxcarbazepin

Trileptal®
N03AF02

Rufinamid

Inovelon®
N03AF03
Fettsäure-Derivate

Valproinsäure (Natriumvalproat)

Convulex®, Depakine®
N03AG01
Andere Antiepileptika

Brivaracetam

Briviact®
N03AX23

Cannabidiol

Epidyolex®
N03AX24

Gabapentin

Neurontin® , Gabadal® , div. Generika
N03AX12

Lacosamid

Vimpat®
N03AX18

Lamotrigin

Lamictal®, diverse Generika
N03AX09

Levetiracetam

Keppra®, diverse Generika
N03AX14

Perampanel

Fycompa®
N03AX22

Pregabalin

Lyrica®, Pregamid®, Lyribastad®, Pregatab®, div. Generika
N03AX16

Sultiam

Ospolot®
N03AX03

Topiramat

Topamax®, Topilex®
N03AX11

Zonisamid

Zonegran®
N03AX15

Referenzen

  1. Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
  2. Genzyme Europe BV, SmPC Sabril (RVG 15722), 13-01-2021, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  3. Jammoul F, et al. , Taurine deficiency is a cause of vigabatrin-induced retinal phototoxicity., Ann Neurol, 2009, 65, 98-107
  4. Nederlandse Vereniging voor Neurologie [Niederländische Gesellschaft für Neurologie], Richtlijn epilepsie; Epilepsiesyndromen (bij kinderen) & anti-epileptica; absence epilepsie [Leitlinie Epilepsie; Epilepsiesyndrome (bei Kindern) & Antiepileptika; Absenceepilepsie], 2013
  5. ORPHELIA Pharma SAS, SmPC Kigabeq (EU/1/18/1302/001-2) Rev 5; 22-11-2021, www.ema.europa.eu
  6. Sanofi-Aventis, SmPC Sabril 500 mg lösliches Pulver (1-20114), https://aspregister.basg.gv.at/aspregister/, aufgerufen am 28.06.2021

Änderungsverzeichnis

  • 27 September 2021 09:13: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung